Depression
Depression – eine seelische Erkrankung
Depressionen gehören zu den am häufigsten auftretenden Krankheiten in Deutschland. Statistisch erkrankt in etwa jeder 5. einmal in seinem Leben an einer Depression, das bedeutet, dass derzeit ca. 4 Millionen Menschen in Deutschland an einer behandlungsbedürftigen Depression leiden. Leider wird die Schwere der Erkrankung von der Öffentlichkeit immer noch unterschätzt und missverstanden. Vielen Menschen ist nicht bewusst, dass die Depression eine Erkrankung wie Bluthochdruck oder Diabetes ist und kein Anzeichen persönlichen Versagens.
Die Depression ist eine seelische Erkrankung, die in einen bis dahin gut funktionierenden Alltag einbricht. Anfangs ist sie nur schwer von einer alltäglichen Verstimmung oder einer Lebenskrise zu unterscheiden. Nicht nur der Betroffene leidet an seiner eingeschränkten Leistungsfähigkeit, auch die Angehörigen können häufig nur zuschauen – dabei möchte man doch gerne helfen.
Ein erster Schritt ist der Gang zum Arzt, der nach eingehender Diagnostik eine Behandlung beginnt. Eine Therapie mit einem geeigneten Antidepressivum und eine begleitende Psychotherapie können das Leiden lindern – denn eine Depression ist behandelbar.
Auf den folgenden Seiten finden Sie viele Informationen rund um Symptome, Diagnose- und Behandlungsmöglichkeiten, zudem Tipps zur Überwindung und wichtige Adressen.
Die Entstehung einer Depression
Die eine Ursache einer Depression gibt es nicht. Sie und andere affektive Erkrankungen können durch eine Vielzahl von Faktoren ausgelöst werden, man nennt das auch „multifaktorielle Pathogenese“. Die Verursachung bzw. Auslösung einer Depression ist ein komplexes Wechselspiel zwischen genetischer Veranlagung, Gehirnstoffwechselstörungen, einschneidenden Lebensereignissen, aber auch körperlichen Erkrankungen und bestimmten Medikamenten. Der Betroffene besitzt eine geringere Toleranz gegenüber diesen Belastungsfaktoren und reagiert deshalb sensibler auf einschneidende persönliche Ereignisse.
Erbfaktoren:
Bis heute kann keinem Gen eine direkte Verantwortung nachgewiesen werden. Dennoch ergaben Auswertungen von Familienstudien, Zwillings- und Adoptivstudien folgende Ergebnisse:
- eine familiäre Häufung depressiver Erkrankungen bei eineiigen Zwillingen von 50 % (unipolare Depression)
- Kinder, bei denen ein Elternteil an einer Depression erkrankt ist, entwickeln in 20 % der Fälle dieselbe oder eine andere affektive Störung.
- Bei Kindern, bei denen beide Elternteile an einer Depression erkrankt sind, beträgt die Wahrscheinlichkeit sogar bis zu 50 %.
Das heißt aber nicht, dass bei jedem, der eine genetische Veranlagung hat, die Störung auch auftreten muss. Hierfür bedarf es weiterer psychosozialer Faktoren, wie z. B. Mobbing am Arbeitsplatz, Stresssituationen zu Hause oder in der Schule. Der Betroffene ist durch seine Veranlagung anfälliger gegenüber diesen Belastungen.
Gehirnstoffwechselstörungen:
Man weiß heute, dass bestimmte chemische Botenstoffe im Gehirn (Neurotransmitter) die Entstehung einer Depression beeinflussen. Beim depressiven Patienten liegt offenbar ein Mangel an Noradrenalin, Serotonin und Dopamin vor (Katecholaminmangel-Hypothese). Dies führt zu einer Störung bei der Übertragung von Nervenimpulsen. Positive Gefühlssignale werden vermindert und negative durch die Stoffwechselstörung verstärkt. Bei der Behandlung der Depression nutzt man diese Annahme und versucht durch bestimmte Medikamente das Neurotransmittergleichgewicht wieder herzustellen.
Körperliche Erkrankungen:
Depressive Störungen können durch Erkrankungen wie Parkinson, Alzheimer Demenz, Krebs, Hormonstörungen oder nach einem Schlaganfall oder Herzinfarkt hervorgerufen werden. Gerade hier ist es wichtig, die Depression auch zu behandeln – aber nur ein Patient, der „mitmacht“ kann auch wieder gesund werden.
Bei Frauen kommen Depressionen übrigens doppelt so häufig vor wie bei Männern. Eine wichtige Rolle spielen hier die hormonellen Veränderungen, wie z. B. Schwankungen im Menstruationszyklus, während der Schwangerschaft und nach der Entbindung, aber auch in der Menopause.
Symptome einer Depression
Nicht alle, die an einer Depression erkranken, leiden unter den gleichen Symptomen. So individuell wie die einzelnen Menschen sind, so individuell ist die Erkrankung. Die depressive Verstimmtheit steht nicht immer im Vordergrund, eine Depression hat viele unterschiedliche Gesichter, so dass man bei manchem Symptom zunächst gar nicht an diese Erkrankung denkt.
Hauptsymptome (nach ICD-10 – International Classification of Diseases; Version 10):
- Verlust von Interesse und Freude
- Depressive Stimmung („innere Leere“)
- Antriebsverminderung
Zusatzsymptome (nach ICD-10):
- Konzentrationsstörungen
- Mangelndes Selbstwertgefühl und/oder Selbstvertrauen
- Gefühle von Schuld und Wertlosigkeit
- Pessimistische Zukunftsperspektiven
- Schlafstörungen
- Appetitverminderung
- Lebensüberdruss, Selbsttötungsabsichten
Weitere charakteristische Symptome:
- Libidoverlust
- Grübeln, Entscheidungsunfähigkeit
- Gefühl der Gefühllosigkeit
- Innere Unruhe und Getriebenheit, auch Antriebssteigerung („agitierte Depression“)
- Körperliche Symptome (z.B. häufige Kopfschmerzen, Herzprobleme, Magen-Darmstörungen)
Unterschiedlicher Schweregrad
Der Schweregrad der Symptome kann sehr unterschiedlich sein und verändert sich auch im Verlauf der Erkrankung. Beim einen fängt es mit Schlafstörungen an, die man auf den Stress im Job oder mit der Familie zurückführt, doch bleiben diese Schlafstörungen, auch wenn man das „Problem“ scheinbar gelöst hat. Beim anderen ist der Interessensverlust auffällig. Er geht seinen Hobbies nicht mehr nach, die Begeisterungsfähigkeit ist völlig verloren gegangen und die Gedankenwelt ist von Hoffnungslosigkeit und Pessimismus geprägt, der sich bis zu Suizidgedanken steigern kann. Für die meisten Patienten stellt die Bewältigung des Alltags ein großes Problem dar. Häufig leidet der Patient nicht nur unter einer Depression. Bis zu 80 % der Patienten leiden zudem unter Angstgefühlen (bis hin zu einer behandlungsbedürftigen Angststörung). Bei einigen Patienten führt die Depression zu einem Missbrauch von Alkohol und Drogen. Bis zu 15 % der Erkrankten mit wiederkehrenden depressiven Phasen sterben durch Suizid. Dieses hohe Selbstmord-Risiko darf man vor allem am Anfang und am Ende einer depressiven Phase nicht unterschätzen. Die Mehrheit der Betroffenen kündigt Ihren Suizidversuch in irgendeiner Weise an. Freunde und Angehörige sollten deshalb bereits bei ersten Signalen hellhörig werden und umgehend einen Arzt hinzuziehen!
Körperliche & psychologische Untersuchungen
Vor einer erfolgreichen Behandlung der Depression, steht die Diagnostik. Zunächst wird der Arzt eine körperliche Untersuchung durchführen, um Krankheiten, die eine ähnliche Symptomatik wie eine Depression hervorrufen, ausschließen zu können. Hierzu gehört eine Blutuntersuchung, ein EKG, EEG und evtl. eine Computertomographie/Kernspintomographie. Darüber hinaus wird das aktuelle Medikamentenprofil des Betroffenen genauer angeschaut, denn auch bestimmte Medikamente können depressive Störungen verursachen und durch einen Wechsel kann dem Betroffenen schnell geholfen werden.
Sind körperliche Ursachen auszuschließen, folgt eine umfassende psychologische Untersuchung beim Arzt. Diese beinhaltet ein ausführliches Patienten-Arzt-Gespräch, meist mit zur Hilfenahme von standardisierten Fragebögen. Oft werden auch die Angehörigen hinzugezogen, um Fragen nach Beginn, Schwere, Suizidgedanken und erblicher Belastung abzuklären (wichtig: der Betroffene muss sein Einverständnis dazu geben).
Meist erfolgt eine Überweisung zu einem Facharzt (Psychiater), dieser kann eine Depression gegenüber anderen psychischen Erkrankungen abgrenzen und eine geeignete Therapie beginnen. Andere psychische Erkrankungen können z. B. Angststörungen, Schizophrenie oder bipolare Störungen sein.
Behandlungsmöglichkeiten einer Depression
Die Behandlung einer Depression führt zu einer Verbesserung der Lebensqualität der Betroffenen und lindert somit das Leiden.
Wie die Behandlung bei dem einzelnen Patienten aussieht, hängt von der Diagnose ab. Bei einer leichten Ausprägung kann eine Psychotherapie allein genügen, bei mittelschweren bis schweren Depressionen ist der Einsatz von Antidepressiva meist unumgänglich. Oft wird sich der behandelnde Arzt auch für eine Kombination aus beiden entscheiden.
Medikamentöse Behandlung
Haben Sie keine Angst vor einer medikamentösen Behandlung!
Nachdem der Arzt eine genaue Diagnose gestellt hat, wählt er das passende Antidepressivum aus.
Antidepressiva besitzen sehr unterschiedliche Wirkprofile, so dass heute für fast jede Ausprägung ein geeignetes Medikament zur Verfügung steht.
Antidepressiva können:
- die Stimmung aufhellen und/oder den Antrieb verbessern bzw. antriebsneutral sein
- beruhigen, entspannen, den Schlaf anstoßen
- angstlösend sein
Antidepressiva greifen in den Gehirnstoffwechsel ein und bringen den gestörten Neurotransmitterhaushalt (Serotonin/ Noradrenalin/Dopamin) wieder ins Gleichgewicht.
Man unterscheidet die verschiedenen Antidepressiva aufgrund ihres Wirkmechanismus:
- Selektive Serotonin-Wiederaufnahmehemmer (SSRI)
- Selektive Noradrenalin-Wiederaufnahmehemmer (SNRI)
- Duale selektive Serotonin-Noradrenalin Wiederaufnahmehemmer (SSNRI)
- Dual selektive Noradrenalin-Dopamin Wiederaufnahmehemmer (NDRI)
- Noradrenerge und spezifisch serotonerge Antidepressiva (NaSSA)
- Monoaminoxidasehemmer (MAO-Hemmer)
- tri- und tetrazyklische Antidepressiva
- Glutamat-Modulatoren
Die gewünschte Wirkung stellt sich in der Regel nach zwei bis drei Wochen ein. Im Anschluss ist es wichtig, die Medikation nicht gleich wieder abzusetzen- nur weil sich die Symptome gemildert haben oder gar verschwunden sind, heißt es nicht, dass man wieder gesund ist. Um einen Rückfall zu vermeiden, ist eine regelmäßige und länger andauernde medikamentöse Therapie notwendig. Wichtig ist zu wissen, dass diese Medikamente nicht abhängig machen oder die Persönlichkeit verändern!
In einigen Fällen kann es vorkommen, dass das gewählte Antidepressivum nicht zu der gewünschten Wirkung führt. Jeder Patient reagiert einfach anders. Deshalb kann es sein, dass der behandelnde Arzt die Medikation ändert. Wichtig ist in dieser Zeit die regelmäßige Überprüfung der Dosis, damit diese an den individuellen Bedarf angepasst werden kann.
Sollten Sie Betroffener sein und das Gefühl haben, dass ihr derzeitiges Medikament nicht anschlägt, dann scheuen Sie sich nicht, Ihren Arzt darauf anzusprechen. Ein Medikamentenwechsel ist völlig normal!
Psychotherapie
Die Psychotherapie hat einen wichtigen Stellenwert in der Behandlung von psychischen Erkrankungen. Es gibt unterschiedliche Verfahren, die gezielt auf die Bedürfnisse der Erkrankung und des Patienten zugeschnitten sind.
Welches für den Betroffenen geeignet ist, wird individuell zwischen Patient und Arzt festgelegt.
Heutzutage kommen häufig z. B. folgende Verfahren zum Einsatz:
- Kognitive Verhaltenstherapie: bei dieser Methode geht man davon aus, dass es sich bei den durch die Depression bewirkten Verhaltensweisen um ein „erlerntes Fehlverhalten“ handelt, das durch das Einüben anderer Verhaltensweisen überwunden werden kann. Zudem wird versucht die eingefahrenen, sehr häufig negativen Denkmuster durch positive bzw. realistische zu ersetzen.
- Interpersonelle Psychotherapie: diese Methode setzt an der aktuellen Lebenssituation des Patienten an, die im Zusammenhang mit der Depression steht. Der Patient soll sich zum einen emotional mit dem Konflikt auseinandersetzen, zum anderen die notwendigen sozialen Fähigkeiten entwickeln mit diesem Konflikt umzugehen. Gleichzeitig wird gezielt an der Reduzierung der depressiven Symptomatik gearbeitet – die therapeutische Arbeit findet im „Hier und Jetzt“ statt.
- Emotionsfokussierte Psychotherapie: Viele Patienten leiden unter einem Übermaß an unangenehmen Emotionen (z. B. Angst, Niedergeschlagenheit), einem Mangel an angenehmen Emotionen (z. B. Freude) oder darunter, überhaupt keine Emotionen mehr wahrzunehmen. Die emotionsfokussierte Therapie rückt diese Emotionen wieder in den Mittelpunkt.Der Patient soll wieder Zugang zu seinen manchmal auch schmerzhaften Emotionen erhalten, diese im geschützten Rahmen der Therapie bewusst erleben, um sie zu verarbeiten und sie schließlich mit Hilfe von adaptiven Emotionen verändern.
Vom Schweregrad der Depression abhängig, kann das psychotherapeutische Gespräch häufig erst nach einer Vorbehandlung mit Antidepressiva stattfinden. Eine Grundvoraussetzung ist, dass der Betroffene zu einer aktiven Psychotherapie bereit ist.
Krankheitsverlauf
In den meisten Fällen bildet sich die depressive Erkrankung innerhalb weniger Monate zurück. Voraussetzung ist hier eine adäquate Behandlung, bei der der Patient gewillt ist, mitzumachen. Medikamente sollten nur nach Rücksprache mit dem Arzt abgesetzt bzw. ausgeschlichen werden und nicht „weil man sich jetzt doch wieder gut fühlt“.
Depressionen sind behandelbar und die Heilungschancen sind gut!
Tipps zur Überwindung einer Depression:
- Antidepressiva müssen genau nach ärztlicher Verordnung regelmäßig eingenommen werden.
- Nicht eigenmächtig zu anderen Medikamenten greifen (z. B. Schlafmittel).
- Vorsicht vor eigenmächtigen „Medikamenten-Cocktails“ und deren Wechselwirkungen mit Antidepressiva.
- Alkohol und Drogen sind tabu!
- Regelmäßig und gesund essen.
- Jeder Tag sollte genau geplant und strukturiert werden.
- Anlegen einer Liste für die täglichen Routineaufgaben und Unternehmungen.
- Realistische Ziele setzen!
- Auf kleine Fortschritte und Erfolgserlebnisse stolz sein und durch kleine Rückschläge nicht den Mut verlieren.
- Vertraute einweihen!
- Sich nicht von Angehörigen und Freunden zurückziehen.
- Körperlich aktiv bleiben, auch wenn es noch so schwer fällt!
Wichtig ist, auch kleine Fortschritte als persönlichen Erfolg anzuerkennen.
Man darf nicht vergessen, dass ca. die Hälfte aller Depressionspatienten einen Rückfall erleidet. Hier ist es wichtig, wenn möglich, bei den ersten Krankheitsanzeichen einen Arzt aufzusuchen. Ein schneller erneuter Therapiebeginn verkürzt das Leiden und schenkt Lebensqualität!
Folgende Faktoren begünstigen einen Rückfall:
- Alkohol und Drogen
- Chronische Verläufe
- Hohe Anzahl von früheren depressiven Episoden
- Ess-Störungen
weitere psychische Erkrankungen, wie z. B. Angst- oder Zwangsstörungen