Chronische Schmerzerkrankungen
Schmerz
In jedem dritten Haushalt in Europa lebt ein Mensch, der unter Schmerzen leidet. In Deutschland sind etwa 17% der Bevölkerung von langanhaltenden, chronischen Schmerzen betroffen. Mehr als die Hälfte aller Menschen mit chronischen Schmerzen erhalten erst nach mehr als zwei Jahren eine wirksame Schmerzbehandlung.
Aber was ist Schmerz eigentlich?
Schmerz ist ein unangenehmes Sinnes- oder Gefühlserlebnis, das mit einer aktuellen oder potentiellen Gewebeschädigung einhergeht. Schmerz ist eines der ältesten Symptome, für die man nach einer Behandlungsmöglichkeit gesucht hat. Schmerzen sind eine rein subjektive Erfahrung, da jeder Mensch Schmerzen anders wahrnimmt und verarbeitet.
Schmerz ist überlebenswichtig. Er dient als Warnsignal und hat die Aufgabe, den Körper zu schützen, indem er beispielsweise auf eine Verletzung oder eine drohende Gewebeschädigung hinweist. In der Regel geht dem Schmerz ein Reiz voraus, er ist lokal und zeitlich begrenzt. In diesem Fall spricht man von akutem Schmerz. Wenn Schmerz aber über einen längeren Zeitraum bestehen bleibt und nicht mehr mit einem bestimmten Auslöser in Verbindung gebracht werden kann, verselbstständigt er sich und kann zur Qual für Betroffene werden. Dann spricht man von chronischem Schmerz.
Entstehung
Schmerzen entstehen durch Einflüsse von außen. Man unterscheidet hier zwischen thermischen (Hitze, Kälte), mechanischen (Druck, Verletzung) und chemischen (Entzündungen, Säure, Gift) Einflüssen. Diese Einflüsse reizen kleine Sinneszellen am Ende der Nerven. Von dort gelangt die Schmerzinformation in Form von elektrischen Strömen bis zum Rückenmark. Im Rückenmark werden Schmerzsignale in Botenstoffe umgewandelt. Diese übertragen die Schmerzimpulse auf die Leitungsbahn des Zentralen Nervensystems (ZNS). Sie verläuft zunächst im Rückenmark und endet im Gehirn.
Sind die Impulse im Gehirn angekommen, kann die schmerzhafte Körperstelle wahrgenommen werden und in angemessener Form reagieren.
Schmerzzustände sind für den Körper erlernbar. Sich wiederholende Schmerzen führen zu intensiverem und längerem Schmerzempfinden
Akute und chronische Schmerzen
Akute und chronische Schmerzen werden durch verschiedene Merkmale klassifiziert.
Akuter Schmerz ist überlebenswichtig und ein natürliches Phänomen. Es handelt sich um ein Warnsignal des Körpers und dient zur Diagnose einer zugrunde liegenden Krankheit. Es gilt, die Ursache ausfindig zu machen und zu beseitigen. Darum ist er in der Regel auf den Ort der Schädigung begrenzt. Bei einem gebrochenen Fuß schmerzt ausschließlich der Fuß. Die Intensität des Schmerzes hängt meist vom Ausmaß der Verletzung ab. Ein Bruch schmerzt in der Regel stärker als eine leichte Prellung.
Entscheidend ist aber, dass akute Schmerzen verschwinden, wenn die Ursache geheilt ist in der Regel nach einigen Tagen oder Wochen. Oftmals wird diese Form des Schmerzes auch als „Positiver Schmerz“ bezeichnet.
Chronischer Schmerz kann ebenfalls die Folge einer Gewebeschädigung sein, etwa bei chronischen Erkrankungen und Entzündungen (Rheuma, Krebs). Laut aktuellen Angaben sind in Deutschland etwas 12-15 Millionen Menschen von chronischen Schmerzen betroffen, wobei Rückenschmerzen ganz klar als die häufigsten chronischen Schmerzen angegeben werden.
Man spricht von chronischen Schmerzen, wenn sie länger als 6 Monate andauern und an mehr als 15 Tagen im Monat vorkommen. Chronische Schmerzen können konstant bestehen oder phasenweise stärker bzw. schwächer sein.
Medikamentöse Schmerztherapie
Schmerzmittel (Analgetika) stehen mit großem Abstand an der Spitze der am häufigsten verordneten Medikamente. Viele Schmerzmittel haben nicht nur eine schmerzlindernde Wirkung, sie dämpfen auch die Empfindungen in den schmerzbewertenden Arealen des limbischen Systems. Man unterteilt sie in stark wirksame Schmerzmittel und schwach bis mittelstark wirksame Schmerzmittel.
Grundlage einer medikamentösen Schmerztherapie ist der Stufenplan der Weltgesundheitsorganisation WHO: Schwach bis mittelstark wirksame Schmerzmittel sind die Mittel der 1. Stufe. Schmerzmittel der 2. Stufe sind die schwachen Opioidanalgetika, Schmerzmittel der 3. Stufe die Opioide. Die Analgetika und unterstützenden Medikamente muss der Arzt entsprechend dem Schmerztyp auswählen.
Nicht-Opioide
Nicht-Opioide sind Schmerzmittel, die überwiegend am Ort der Schmerzentstehung (peripher) wirken. Sie werden bei leichten bis mäßig starken vorübergehenden Schmerzen eingesetzt. Bei längerem Gebrauch können sie jedoch zu ernsthaften Nebenwirkungen führen und innere Organe dauerhaft schädigen.
Opioide
Opioide sind rezeptpflichtige Schmerzmittel, die bei starken bis sehr starken Schmerzen eingesetzt werden. Sie hemmen die Weiterleitung von Schmerzsignalen im Rückenmark und im Gehirn und verhindern so, dass eine „Schmerzbotschaft“ weitergeleitet werden kann.
Wichtige Information:
Opioide fallen unter das Betäubungsmittelgesetz. Sind Sie längerfristig auf Opioide angewiesen, kann es sein, dass Sie diese auf Reisen ins Ausland mitführen müssen. Hierzu ist es unerlässlich eine von Ihrem Arzt und der zuständigen Behörde unterschriebene Bescheinigung für das Mitführen von Betäubungsmitteln im Rahmen einer ärztlichen Behandlung mitzuführen. Informieren Sie sich im Internet auf der Website des Bundesinstituts für Arzneimittel und Medizinprodukte (www.bfarm.de) über das Reisen mit Betäubungsmitteln oder sprechen Sie Ihren behandelnden Arzt an.
Vor- und Nachteile von Opioiden
Opioide haben in der Schmerztherapie im Vergleich zu den Nicht-Opioiden eine Reihe von Vorteilen aufzuweisen:
- Opioide gelten im Allgemeinen als gut verträglich. Bei richtiger Anwendung besteht ein nur geringes Risiko einer dauerhaften Organschädigung.
- Ob ein Opioid wirkt, werden Sie als Patient relativ rasch spüren. So kann Ihr Arzt/Ihre Ärztin auch schnell feststellen, ob die gewählte Dosis zur Behandlung Ihrer Schmerzen ggf. angepasst werden muss.
- Da es eine Vielzahl von Opioiden gibt, ist bei Bedarf der Wechsel zu einer anderen Substanz möglich. Ihrem Arzt stehen damit mehrere Möglichkeiten offen, Ihnen zu helfen und Ihre Schmerzen effektiv und dauerhaft zu lindern.
Nachteilig bei Opioiden ist andererseits die Tatsache, dass sie nicht immer helfen: so z. B. bei entzündlich bedingten Schmerzen, Kopf- oder Nervenschmerzen. Auf auftretende Nebenwirkungen, wie z. B. Müdigkeit / Konzentrationsstörungen, Verstopfung, Juckreiz oder Schwitzen, können bei einer Behandlung mit Opioiden als belastend empfunden werden. Sprechen Sie in solchen Fällen mit Ihrem Arzt/Ihrer Ärztin darüber – oft gibt es Möglichkeiten, solche Nebenwirkungen abzuschwächen oder weitgehend zu vermeiden.Wird eine Schmerztherapie unter ärztlicher Anleitung jedoch sachgemäß durchgeführt, besteht bei vorschriftsmäßiger Anwendung von Opioiden ein verhältnismäßig geringes Abhängigkeitsrisiko. Voraussetzung dafür ist, dass das Schmerzmittel auch tatsächlich Ihre Schmerzen lindert. Zudem sollten Sie Ihr Schmerzmittel immer nach Anweisung Ihres Arztes/Ihrer Ärztin regelmäßig einnehmen und die Dosis nicht ohne Rücksprache verändern bzw. das Schmerzmittel unvermittelt absetzen. So tragen Sie dazu bei das Risiko einer Abhängigkeit so gering wie möglich zu halten.